Biedermeier

Biedermeier (1810 - 1848): des Bürgers Gemütlichkeit

Das Biedermeier gilt als das Symbol schlechthin für bürgerliche Gemütlichkeit im 19. Jahrhundert. Charakteristisch ist die auf strenge Moral sowie häusliche Behaglichkeit ausgerichtete Lebensführung. Von den zeitgenössischen Intellektuellen wird diese daher schnell als spießbürgerlich verunglimpft.

Die Möbel der Stilepoche spiegeln den Geist der Zeit anschaulich wider. Sie vermitteln eine gemütliche Atmosphäre und zeichnen sich durch solide Eleganz und klare Linienführung aus. Die repräsentativen Möbelformen des Empire werden übernommen, jedoch mit sparsamerem Zierrat und meist ohne die beim Empire übliche Vergoldung des Dekors. Besonders beliebt sind hell-dunkle Holzkontraste, die jedoch nur in den wenigsten Fällen in Ebenholz ausgeführt werden, sondern durch Schwarzfärbung einfacher Holzarten entstehen. Generell ist helles Holz wie Kirsche, Birke, Birne, Pappel und Eibe sehr beliebt. Besonders in Norddeutschland favorisiert man darüber hinaus auch die Verarbeitung von Mahagoni und Walnuss. Es dominiert die glatte, polierte Oberfläche, auf der – furniertoder massiv – eine schöne Holzmaserung zur Geltung kommt.

Als Sinnbild der Biedermeier´schen Gemütlichkeit fungiert das wuchtige, tief gepolsterte Sofa mit einem davor platzierten Tisch. Dieser verfügt typischerweise über eine balusterförmig ausgebauchte oder auch kräftige, eckige Mittelstütze. Oft steht er auf vier konisch verlaufenden Beinen mit einer runden, im Durchmesser zu klappenden Platte. Die Stühle bereichern das typische Biedermeierensemble mit schwarz abgesetzten, durchbrochenen Rückenlehnen, einer hoch gepolsterten Sitzfläche und leicht nach außen geschwungenen Hinterbeinen.

Biedermeier Wichtigstes Möbel des Biedermeier ist zweifellos der Schreibschrank bzw. Sekretär. Im unteren Bereich als Kommode mit Schubladen oder Türen konstruiert, befindet sich im oberen Teil – hinter einer Schreibklappe verborgen – eine Fülle von kleinen Schubladen und Fächern, nicht selten auch ein Geheimfach. Darüber hinaus dienen Vitrinenschränke als beliebter Ausstellungsplatz für Glas- und Porzellanstücke. Kommoden mit mehreren Schubladen, Schlüssellocheinfassungen aus Messing oder Holz wirken durch schöne Maserung und polierte Oberfläche. Die schon aus dem Louis Seize bekannte Pfeilerkommode ist ebenfalls noch anzutreffen. Entscheidend zur Atmosphäre der Gemütlichkeit tragen zudem Nähtischchen, bestickte Ofenschirme sowie Stoffe und Tapeten mit Blümchen bei. Ab 1830 verliert das Biedermeier zunehmend an Schlichtheit, erste Ansätze des Historismus werden sichtbar.

Das Biedermeier kann kunsthistorisch durchaus dem Klassizismus zugerechnet werden. Zu beachten ist jedoch, dass es als Schöpfung des Bürgertums in seiner stilistischen Ausgestaltung erheblich von höfischen Vorbildern abweicht („bürgerlicher Klassizismus“). Bislang hatten diese zumeist auch die Gestaltung des bürgerlichen Mobiliars geprägt. Sammler schätzen Biedermeier-Möbel zumeist nicht nur wegen ihrer unaufdringlich-zeitlosen Gemütlichkeit, sondern auch aufgrund der hochwertigen Verarbeitung, Wertbeständigkeit und verlässlichen Funktionalität.

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